Carl Mand Junior
Zeitschrift für Instrumentenbau 1906-1907 S.309
Ein hochangesehener Vertreter der deutschen Klavierindustrie, der kgl. Hof-Pianofortefabrikant Herr Carl Mand in Coblenz, ist am 26. December (1906) des soeben verflossesen Jahres ganz unerwartet in Alter von 60 Jahen verschieden. Wie wir unseren Lesern schon in voriger Nummer berichteten, setzte eine plötzlich eingetretene Herzlähmung nach nur kurzer Krankheit seinem Leben ein zu frühes Ziel.
Mit ihm ist ein tüchtiger Fachmann, ein liebenswürdiger und jovialer Kollege, ein auf das Wohl seiner Mitarbeiter allezeit bedachter Prinzipal, ein treusorgender Ehegatte davongegangen. Wo immer die Namen der Männer, die für unsere Branche verdienstvoll gewirkt und sich neben dem Streben nach Tonveredelung der Instrumente auch eine künstlerische Ausgestaltung des Äußeren zur Aufgabe gestellt haben, genannt werden, da darf sein Name nicht fehlen.
Carl Mand wurde am 30. Juli 1846 als Sohn des Klavierbau-Altmeisters Carl Mand geboren, der im Jahre 1835 das Geschäft unter den bescheidensten Verhältnissen begründet hatte, aber dasselbe, dank seiner hervorrangenden Fachkenntnisse und seiner unermüdlichen Arbeitskraft, bald zu hohem Ruf und Ansehen brachte. In der klassischen Schule des Vaters wuchs Carl Mand auf, und nachdem er den Klavierbau durch jahrelange Tätigkeit in namhaften anderen Fabriken gründlich studiert und sich in allen Zweigen desselben vervollkommnet hatte, trat er 1868 wieder in das väterliche Geschäft ein, an dessen Leitung und Weiterentwickelung seit diesem Jahre er hervorragenden Anteil hatte.
Im Jahre 1875 nahm ihn der Vater als Teilhaber auf, und als der erstere in Jahr 1882 nach 47 jährigem unermüdlichen Ringen im Alter von 71 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand trat, übernahm Carl Mand als alleiniger Inhaber das Geschäft. Er erkannte sofort mit richtigem Blick, daß eine Weiterauasdehnung desselben nur dann möglich sei, wenn das schöne Fabrikat, welches schon früher auf den Ausstellungen zu Aachen, Trier, München usw. berechtigtes Aufsehen erregt und günstigste Beurteilung seitens der Presse gefunden hatte, auch auf größeren Provinzial- und besonders auf Welt-Ausstellungen einem ausgedehnteren Interessentenkreise vorgeführt würde. Mit welchem Glücke dies gesschah, beweisen die nur ersten Preise, welche der Firma Carl Mand auf 26 Ausstellungen, so in Melbourne, Amsterdam, London, Antwerpen, Paris, Düsseldorf, St Louis usw. usw. Zuerkannt wurden.
Neben diesen schönen Erfolgen auf Ausstellungen wurden ihm noch manche andere Auszeichnungen zuteil. Wie schon der Vater, so wurde auch er zum Hoflieferanten der Kaiserin-Königin von Preußen ernannt, und diesem Prädikate folgten im Laufe der Jahr der großherzogl. badische, der großherzogl. hessische, der herzogl. Anhaltische und der kgl. Rumänische Hoflieferanten-Titel.
Bei der rastlosen Energie und dem unermüdlichen Schaffensdrange Carl Mand's blühte das Geschäft immer mehr empor. Die Fabrik mußte durch Neubauten und maschinelle Anlagen fortwährend vergrößert werden, und in gleichem Maße nahm auch die Arbeiterzahl stetig zu. Der mit Dampf arbeitende Betrieb wurde mit allen Hilfsmitteln der modernen Technik ausgerüstet und gilt seiner praktischen Einrichtung wegen als mustergültig.
Von jeher hat sich Mand, getreu dem Grundsatze seiner Firma, mehr der künstlerischen Seite seines Berufes, anstatt der vielfach üblichen Massenfabrikation zugewendet. Deshalb bieten auch die Fabrikate der Firma, bei den einfachsten Pianinos wie den allerteuersten Flügeln, jegliche Garantie für künstlerische und technisch vollendete Ausführung. Dabei war Mand fortwährend sowohl auf künstlerische Form und Ausschmückung der Gehäuse wie auf Neuerungen und Verbesserungen in der Konstruktion der Instrumente und Veredelung des Tones bedacht, wovon die wiederholt in unserem Fachblatte besprochen Mand'schen Erfinderung und Patente Zeugnis geben. Es sei nur an Mand's „T-Rippen" – System für Resonanzböden, an die „Klangstäbe" (Tonsammler) für Resonanzböden, an den „Glockenflügel", den „Diagonal-Flügel" und schließlich an den „Mand – Olbrich – Flüel" erinnert.
Für gemeinnützige Bestrebungen in der Kreisen der Fachgenossen stellte der Verstorbene gerne seine Kräfte zur Verfügung. So war er Mitbegründer des „Vereins Deutscher Pianofortefabrikanten" und bekleidete das Ehrenamt eines Vorstandsmitgliedes in demselben vom ersten Tage der Gründung an. Auch in der Sektion II der „Berufsgenossenschaft der Musikinstrumenten – Industrie" hatte er das Amt eines stellvertretenden Vorstandsmitgliedes inne. Deshalb war auch die Teilnahme über seinen unerwartet schnellen Tod nicht nur in den Kreisen seiner Mitbürger und Geschäftsfreunde, sondern auch in den Fachkreisen eine aufrichtige und allgemeine. Die unzähligen Beileidsschreiben und Telegramme von fern und nah, sowie die vielen herrlichen Blumenspenden, die an seiner Bahre niedergelegt wurden, legten Zeugnis ab von der Achtung und Liebe, deren sich der Entschlafene im Leben erfreut hatte. Und als er am Nachmittag des 29. December zur letzten Ruhe bestattet wurde, da gab ihm ein zahlreiches Trauergefolge aus allen Ständen das letzte Ehrengeleite, und die Beerdigung gestaltete sich zu einer imposanten Trauerkundgebung.
Leibliche Nachkommen sind dem Heimgegangen leider versagt geblieben. Eine tiefgebeugte Witwe beklagt den Tod des treuen und fürsorgenden Gatten. Sie wird das Geschäft in unveränderter Weise unter Beibehaltung der langjährig tätigen, treuen kaufmännischen und technischen Mitarbeiter im Sinne des Verstorbenen weiteführen.